Video: SNES Classic Mini - Test und Vergleich mit Original-SNES
Wir testen das SNES Classic Mini.
Als die Spielekonsole Super Nintendo in den frühen Neunzigern auf den Markt kam, brachte sie einen großen technischen Fortschritt gegenüber dem Nintendo Entertainment System, kurz NES. 16 Bit statt 8 Bit, doppelt so viele Knöpfe am Controller und Spiele mit speziellen Co-Prozessoren wie dem Super-FX-Chip brachten Gaming auf ein deutlich höheres Niveau. Nur passend ist es also, dass Nintendo auch seine Nintendo-Classic-Mini-Reihe mit dem SNES voranbringt.
Die Mini-Konsole bringt eine von Nintendo getroffene Auswahl an Spielen mit. Das Hinzufügen von weiteren Spielen ist nicht vorgesehen. Dabei kommt schnell echtes Retro-Feeling auf. Aufgereiht in einer Linie stehen Klassiker wie Super Mario World, Donkey Kong Country, Castlevania 4 oder Final Fantasy 6 auf Knopfdruck bereit.
Anders als beim NES Classic Mini gibt es beim SNES Classic Mini zusätzlich zu vier Speicherpunkten auch die Möglichkeit, das Spiel circa 1 Minute lang zurückzuspulen und von einem früheren Punkt weiterzuspielen. Damit die Bildschirmränder nicht nur schlicht schwarz erscheinen, hat Nintendo wie einst beim Super Game Boy einen Mix aus elf statischen und dynamischen Rahmen erstellt. Spieler können das Genre-Potpourri aus 21 Spielen zum Beispiel mit einem Sternenhimmel, einem roten Vorhang oder einem schicken Retro-Holz-Design am Rand ausgeben.
Die Mini-Konsole muss noch immer in Arm-Reichweite stehen, damit die Bedienung einwandfrei funktioniert. Der Strom kommt über ein Micro-USB-Kabel, die Videoausgabe erfolgt über HDMI in einer Auflösung von 1.280 x 720 Pixeln. Die beiden mitgelieferten Kabel sind sehr kurz.
Kaum ein Nutzer wird regelmäßig von der Couch aufstehen wollen und zum HDTV trotten, um den Reset-Knopf zu betätigen und so ins Hauptmenü zurückzukehren. Das ist nicht nur notwendig, um ein anderes Spiel auszuwählen, sondern auch um Spielstände zu laden oder die neue Zurückspulen-Funktion zu nutzen.
Spieler müssen die Konsole selbst also als Erweiterung des Controllers ansehen. Clever wäre es gewesen, eine Software-Button-Kombination zu unterstützen, beispielsweise Select und Unten auf dem Digitalkreuz.
Der Gamepad-Nachbau des SNES Classic Mini verrät sich nur unter Enthusiasten durch sein etwas geringeres Gewicht. Der Neue wiegt ein paar Gramm weniger als das Original. Abseits vom Gewicht sind allerdings nur äußerst marginale Unterschiede erkennbar, beispielsweise beim Plastik-Finish oder der Farbe der Aufdrucke. Die Knöpfe und das Digitalkreuz sind sehr gut und fühlen sich vertraut an.
Abseits von den kürzeren Kabeln kann man Nintendo hier also keinen Vorwurf machen. Wir hätten statt des proprietären Anschlusses lieber reguläre USB-A-Anschlüsse gesehen. Das wäre auch optisch eleganter, da die proprietären Anschlussbuchsen hinter einer Zierblende liegen, die immer erst aufgefummelt werden muss.
Für unseren Vergleichstest nutzen wir ein japanisches Original-Super-Famicom, angeschlossen über RGB und dem XRGB Mini alias Framemeister.
Die Bildausgabe des Classic Mini ist in punkto Schärfe, Helligkeit und Kontrast überlegen, hier kann auch ein Framemeister nicht mithalten. Anders sieht es aus, wenn Scanlines ins Spiel kommen. Der CRT-Filter des SNES Mini ist recht unscharf und die Scanlines selbst sind nicht sehr ausgeprägt. Hier sehen die dunklen Scanlines des Framemeisters authentischer aus.
Wie bereits beim NES Classic ist es erneut möglich, die Bildausgabe auch im Aspekt auf 1:1 statt 4:3 anzupassen. Das ermöglicht in einigen Spielen Kreise mit gleichmäßigem Radius, etwa dem Morphball in Super Metroid.
Die Super-FX-Spiele Starfox und Yoshi's Island werden gut spielbar emuliert. Minimale Grafikfehler sind uns nur in Yoshi's Island beim Warp-Effekt aufgefallen. Unterschiede gibt es bei der Bildrate. Die Spiele laufen mal auf der Originalhardware, mal auf dem SNES Classic schneller. Das wirkt sich auch auf die Ausgabe von Soundeffekten oder der Musik aus. Deutliche Patzer wie beim Sound von Mega-Man oder Super Mario Bros. 2 auf dem NES Classic liefert Nintendo aber nicht.
Die Eingabeverzögerung ist beim SNES Classic sehr niedrig. Einzig bei Super Ghouls'n Ghosts verwehrt die Emulation bei extrem ruckeligen Passagen zeitweise Eingaben. Das Spiel läuft auch auf der Original-Hardware sehr schlecht, allerdings werden alle Eingaben übernommen.
Bei den meisten anderen Spielen unterscheiden sich primär die Ladezeiten. Verglichen mit dem Original sind sie kürzer. Auch in Mega-Man X, Contra oder Castlevania stottert es hier und da unterschiedlich. Die Emulation läuft aber generell gut, wenn auch nicht so gut wie beispielsweise unter Higan am PC.
Alle 21 Spiele liegen in der amerikanischen NTSC-Version vor. Zwar lässt sich das Hauptmenü auf Deutsch umstellen, die Spiele bleiben aber stets auf Englisch. Das ist gleichermaßen Fluch und Segen für Spieler, da sie so in den Genuss der oft flüssigeren und originalgetreueren 60-Hz-Fassung der Spiele kommen, aber auf deutsche Lokalisierungen verzichten müssen. Die Spieleauswahl bewerten wir insgesamt als sehr gut.
Zu den schwächeren Titeln zählt das Kirby-Golf-Spiel, auch Super Punch-Out hätte man durch etwas Hochwertigeres ersetzen können. Die Premiere Starfox 2 hat uns nach einem initialen Aha-Effekt ziemlich enttäuscht. Das Spiel setzt anders als Starfox nicht auf lineare Level, sondern auf Dogfights wie in den ersten Wing-Commander-Spielen. Starfox 2 ruckelt stark und die fehlende Präzision beim Zielen mit dem Digitalkreuz wird durch ein extremes automatisches Zielen ausgeglichen. Aus Spiele-historischer Sicht ist der Titel aber natürlich ein großer Reiz-Faktor.
Das SNES Classic Mini soll am 29. September 2017 zu einem Preis von knapp 100 Euro auf den Markt kommen, kann aber kaum noch vorbestellt werden. Nintendo hat angekündigt, mehr und länger Hardware zu liefern als beim NES Classic Mini im vergangenen Jahr, wo die Nachfrage deutlich höher war als das Angebot.