Video: Tesla Model 3 Highland im Praxistest

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Tesla Model 3 Highland im Praxistest

Wie fährt sich ein Auto ohne Blinker- und Fahrwahlhebel? Um das herauszufinden, haben wir das neue Tesla Model 3 Highland eine Woche lang ausgiebig getestet und sind auf Autobahnen, in der Stadt und auf Landstraßen unterwegs gewesen.

Rein äußerlich gibt es wenig Unterschiede zum bisherigen Modell. Die Frontscheinwerfer ähneln nun stark denjenigen des Model S. Die Heckleuchten sind in die Heckklappe integriert, um die Passform zu verbessern. Zudem ist statt des Tesla-Logos der Schriftzug dort angebracht. Die leichten Veränderungen an der Karosserie sollen dazu beitragen, dass das Model 3 nun den besten cw-Wert aller Teslas hat. Auffallend ist jedoch die bessere Verarbeitung.

So fallen die vorderen Türen nun mit einem satten Plopp ins Schloss. Das war bei den ersten Exemplaren nicht üblich. Die Innenausstattung fällt deutlich hochwertiger aus. Das gilt beispielsweise für den filzartigen Stoff auf dem Armaturenbrett oder die Türverkleidung. Blinker- und Fahrwahlhebel fehlen tatsächlich am Lenkrad. Fast alle Funktionen sind nur durch Taster und Scroll-Buttons auf den Lenkradspeichen und das zentrale Touchdisplay zu bedienen.

Für die Passagiere im Fond gibt es nun ein 8-Zoll-Touchdisplay, mit dem sich nicht nur die Klimatisierung regeln lässt. Über die Anbieter Netflix, Youtube, Disney+ und Twitch lassen sich Videos abspielen. Dazu können Bluetooth-Kopfhörer eingebunden werden.

Auf unserer Testfahrt hat uns der fehlende Blinkerhebel gestört, vor allem in Kreisverkehren. Je nach Kurvenradius wandern die beiden Tasten nach unten oder gar nach rechts, so dass sie sich nicht mehr auf Anhieb bedienen lassen. In engen Kreisverkehren wird das zum Problem. Dann muss man den Blinker mit dem rechten Daumen betätigen.

Hilfreich ist hingegen das rückwärtige Kamerabild beim Abbiegen oder Spurwechsel. Die Fahrtrichtung wird oben links im Display angezeigt. Bei Regen in der Dunkelheit sieht das Display dann aber wie ein flammendes Inferno aus. Das Fehlen des Gangwahlhebels stört uns hingegen nicht. Wenn das Fahrzeug steht und der Fahrer auf die Bremse tritt, erscheint ganz links auf dem Display eine schmale Spalte. Dort lässt sich mit dem Finger die Fahrtrichtung einstellen: Nach oben für geradeaus und nach unten für den Rückwärtsgang. Für die Parkstellung gibt es ganz oben ein kleines Feld. Das geht auch beim Rangieren einigermaßen schnell.

In der Dachkonsole, rechts und links vom Schalter der Warnblinkanlage, sind ebenfalls Taster für die Fahrtrichtung angebracht. Diese sind allerdings normalerweise nicht zu sehen und leuchten erst dann, wenn man sie berührt oder beide Scroll-Buttons kurz gleichzeitig drückt.

Nicht gut gefallen hat uns jedoch der sogenannte Autopilot in Verbindung mit der Verkehrszeichenerkennung. So ist weiterhin eine recht kräftige Lenkbewegung erforderlich, um die Aufmerksamkeit des Fahrers zu bestätigen. Manchmal schaltet sich der Autopilot jedoch sehr schnell unvermutet ab. Dann ist er auf dem Rest der Fahrt nicht mehr aktivierbar. Ohnehin gab es wegen des schlechten Wetters häufig Warnhinweise des Systems. Dennoch ließ sich der Autopilot eigentlich immer aktivieren.

Die Verkehrszeichenerkennung ist weiterhin sehr unzuverlässig. Vor dem Dreieck Pankow wechselte das Limit innerhalb weniger Hundert Meter von unbeschränkt auf 120, dann auf 80 km/h und wieder auf unbeschränkt, ohne dass ein einziges Schild zu sehen war. Ist ausreichend Abstand zwischen Fahrzeugen vorhanden, funktioniert der Spurwechselassistent hingegen zuverlässig. Dazu muss man zunächst den Blinker betätigen und dann das Lenkrad leicht bewegen. Der Nachteil: Ist die Bewegung etwas zu stark, schaltet sich der Autopilot ab und muss dann wieder aktiviert werden.

Außerdem erlebten wir auf der Testfahrt eine unerwartete Bremsung. In diesem Fall war es wohl eine Angstbremsung, weil neben uns ein Transporter etwas zu weit links in seiner Spur fuhr. Doch bekanntlich hat Elon Musk nicht nur Taster und Hebel durch Software ersetzt. Das neue Model 3 hat auch keine Ultraschallsensoren mehr, um das Einparken zu erleichtern. Stattdessen sollen die Kameras die Entfernung zu Hindernissen einschätzen. Das funktioniert in der Praxis allerdings noch nicht mit der gleichen Genauigkeit.

Etwas merkwürdig reagiert zudem die Spracherkennung, die per Knopfdruck aktiviert werden muss. So versteht sie nicht das Wort "navigiere", sondern nur "fahre". Die Navigation sucht dann aber automatisch die Supercharger aus. In Sachen Antrieb und Batterie gibt es beim Model 3 Highland keine Änderungen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei beiden Versionen jedoch nur bei 201 km/h, was erheblich weniger als die früheren 233 km/h ist. Die Allradversion beschleunigt in 4,4 Sekunden von null auf 100 km/h.

Am Supercharger lag die Ladeleistung trotz Vorkonditionierung nur bei 128 kW bei einem Akkustand von 43 Prozent. Der Ladevorgang ist dabei ziemlich laut gewesen. Der Verbrauch ist wie gewohnt recht niedrig. So benötigte eine Autobahnfahrt mit dauerhaft um die 140 km/h zwischen 23 und 24 kWh pro 100 km. Bei langsamerer Fahrt um die 120 km/h lag der Verbrauch bei etwa 19 kWh/100 km. Tesla selbst gibt die Reichweite mit bis zu 678 km nach WLTP an.

Mit einem Einstiegspreis von 42.990 Euro ist das heckgetriebene Model 3 weiterhin ein günstiges Elektroauto in seiner Klasse. Die Long-Range-Version startet bei 51.990 Euro. Der Enhanced Autopilot mit Spurwechselassistent kostet zusätzliche 3.800 Euro, das "volle Potenzial für autonomes Fahren" mit Ampel- und Stoppschilderkennung schlägt mit 7.000 Euro zu Buche. Zukünftig soll die Funktion einen "City-Lenkassistenten" enthalten, der per Software-Update nachgeliefert wird.

Doch mit Ankündigungen bei Tesla ist es bekanntlich so eine Sache. Die Probleme mit den Assistenzsystemen sind seit Jahren bekannt, doch eine wirkliche Verbesserung ist nicht eingetreten. Wer sich ein Auto für 50.000 Euro kauft, sollte erwarten, dass ein Abstandsregeltempomat zuverlässig funktioniert. Auch ein brauchbarer Lenkassistent sollte in dieser Preisklasse realisierbar sein.

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